Recht

Hamburger Hauptbahnhof wird zur Waffenverbotszone

Der Hamburger Hauptbahnhof gilt als einer der gefährlichsten Bahnhöfe in Deutschland. Die Stadt Hamburg hat nun ein permanentes Waffenverbot an allen Bahnanlagen, den unterirdischen Verbindungen sowie angrenzenden Plätzen beschlossen, um die Kriminalitätszahlen zu senken. Bereits bestehende Verbotszonen zeigen, dass das Konzept das eigentliche Problem kaum lösen kann.

Seit dem 1. Oktober 2023 ist der Bereich des Hamburger Hauptbahnhofs offiziell eine sogenannte Waffenverbotszone. Neben Schusswaffen ist auch das Tragen von Messern mit einer Klingenlänge über vier Zentimetern sowie Schlagringe und sogenannter Totschläger untersagt. Ebenfalls verboten sind Tierabwehrsprays. Darauf weisen seit Anfang der Woche entsprechende Schilder hin, welche die Stadt im Bereich des Bahnhofs aufstellen ließ. Bei Verstößen gegen das Waffenverbot drohen hohe Bußgelder von mindestens 200 Euro bis hin zu 10.000 Euro sowie der Entzug verbotenerweise geführter Waffen und Messer.

Ausnahmen für Sicherheitskräfte und Pfadfinder
Ausgenommen von der neuen Regelung sind lediglich Sicherheitskräfte und Mitarbeiter im Geld- und Werttransport. Auch gastronomische Betreiber und Pfadfindergruppen sollen vom Verbot befreit sein. Mit der Maßnahme erhoffen sich Innensenator Andy Grote, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sowie Polizeioberrat Jan Müller, Leiter der Bundespolizeiinspektion Hamburg, einen Rückgang der Kriminaldelikte. Die Bundespolizei zählte in den ersten vier Monaten dieses Jahres insgesamt 145 Körperverletzungen, 31 gefährliche Körperverletzungen sowie 18 gefährliche Körperverletzungen mit gefährlichen Gegenständen.

Das Waffenverbot gilt für den Bereich innerhalb des Hauptbahnhofs inklusive aller öffentlichen Bahnanlagen und den unterirdischen Verbindungen. Ebenfalls betroffen sind der Mönckebergtunnel, der Heidi-Kabel-Platz, der Hachmannplatz, der Zentrale Omnibus-Bahnhof (ZOB) sowie der August-Bebel-Park samt Drogenberatungsstelle "Drob Inn". Auch die Videoüberwachung soll zukünftig ausgeweitet werden. Erste Baumaßnahmen sind für das 1. Quartal 2024 geplant. Ein Alkoholkonsumverbot auf den angrenzenden öffentlichen Flächen soll im kommenden Frühjahr in Kraft treten.

Wirkung von Waffenverbotszonen stark unterschiedlich
Die Zwischenbilanzen für bisherige Waffenverbotszonen, wie es sie bereits seit Jahren in anderen Städten sowie an der Reeperbahn und am Hansaplatz in Hamburg gibt, fallen unterschiedlich aus. Während NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ein Jahr nach Einführung solcher Zonen in Düsseldorf und Köln ein positives Fazit gezogen hat (bei 17.191 Kontrollen wurden 349 Waffen und Messer sichergestellt sowie 744 Personen in Gewahrsam genommen), stellte das sächsische Innenministerium in einer Evaluation nach einem Jahr fest, dass die Waffenverbotszone in der Leipziger Eisenbahnstraße nicht die erhoffte Wirkung erzielt habe.

Die Evaluierungsergebnisse zeigen, dass die Waffenverbotszone als zusätzliches Instrument zur Senkung von bewaffneten Angriffen im Öffentlichen Raum beigetragen hat. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Waffenverbotszone kaum positive Auswirkungen auf das übrige Kriminalitätsgeschehen hat.
Evaluation Waffenverbotszone Eisenbahnstraße, Stadt Leipzig (2021)

So seien Waffenverbotszonen zwar ein erstes Mittel bei der Bekämpfung besonders schwerer Straftaten, nachhaltig könnten die Ursachen der Kriminalität dadurch aber nicht beseitigt werden. Besonders ernüchternd: Die Zahl der relevanten Straftaten blieb auch nach Einführung der Waffenverbotszone auf einem "unverändert gleichbleibend hohen Niveau". Zukünftig soll deshalb der lokale Polizeiposten wieder eingerichtet und die Waffenverbotszone abgeschafft werden.

Auch in Essen hält man von Waffenverbotszonen eher wenig: "Der Kommunale Ordnungsdienst kontrolliert die Innenstadt täglich in Kooperation mit der Polizei, ein sogenanntes CityService-Team ist täglich im Sinne eines privaten Sicherheitsdienstes in der Innenstadt unterwegs", wird eine Sprecherin der Stadt zitiert. Zumal würden sich "die Beteiligten solcher Tumultlagen in der Regel nicht dafür interessieren, ob es eine Waffenverbotszone gibt oder nicht."

Allgemeine Waffenverbote erhöhen nicht die Sicherheit für alle. Sie sind in der Fläche kaum durchsetzbar, willkürliche Kontrollen werden die Folge sein.
Martina Renner, Innenpolitische Sprecherin DIE LINKE


Gefühlte gegen tatsächliche Sicherheit

Sicher wird mit solchen Waffenverbotszonen zunächst das Sicherheitsgefühl an solchen kriminalitätsbelasteten Orten verbessert. Dies ändert allerdings nichts bis kaum etwas an der tatsächlichen Lage. Denn eine solche Zone kann nur dann funktionieren, wenn sie ständig beobachtet und analysiert werden kann. Und selbst dann stellt sich die Frage, wie gut Verbote wirken können, wenn die Gewalttaten von Personengruppen ausgehen, welche diese ohnehin ignorieren.

Letztendlich werden die kommenden Monate zeigen, ob und wie stark der Kriminalität am Hamburger Hauptbahnhof mit einer solchen Maßnahme begegnet werden kann. Die Vermutung liegt nahe, dass die erhoffte Wirkung größtenteils ausbleiben wird und unbeteiligte Personen eingeschränkt werden.