Recht

“Next Guneration”: VDB fordert Aufhebung des Führverbots für Einhandmesser

Der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e.V. (VDB) fordert in seiner neuesten Kampagne unter anderem die vollständige Aufhebung des Führverbots von Einhandmessern in Deutschland. Unter dem Titel "Next Guneration - Operation Reset" verweist man auf die Polizeiliche Kriminalstatistik sowie Vorteile für körperlich beeinträchtigte Menschen. Wir werfen einen Blick auf die Statistiken, das Positionspapier des VDB und erklären, wie sinnvoll eine derartige Gesetzesänderung tatsächlich sein könnte.

Die Ausgangslage

Seit Februar 2008 unterliegen Einhandmesser mit einhändig feststellbarer Klinge in Deutschland einem generellen Führverbot. Bei Verstoß drohen empfindliche Bußgelder bis 10.000 Euro sowie die Entziehung des entsprechenden Messers. Die Politik reagierte damals auf die steigende Zahl von Überfällen, bei denen Messer eingesetzt wurden. Auch feststehende Messer mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimetern dürfen seitdem nicht mehr außerhalb der eigenen Wohnung geführt werden.

Doch bereits damals wurde Kritik an den Gesetzesänderungen laut. Der Gewerkschaft der Polizei (GdP) unter dem ehemaligen Vorsitzenden Konrad Freiberg war bewusst, dass auch die neuen Führungsverbote Straftaten nicht verhindern werde, da das Trageverbot "ein gesetzliches Deckmäntelchen für den langjährigen Personalabbau bei der Polizei und eine Beruhigungspille für die Bürgerinnen und Bürger" sei, so Freiberg. Er sollte recht behalten.

"Dieses Verbot geht an der Wirklichkeit vorbei. Es sind nicht die Messer, die Straftaten begehen, sondern eine bestimmte Gruppe gewaltbereiter Menschen." - Konrad Freiberg, ehemaliger GdP-Vorsitzender

Statistiken bestärken Führverbote nicht

Während die Zahl der Messerattacken in Berlin 2007 noch bei 1.566 lag, verzeichnete die GdP im vergangenen Jahr bereits 3.317 entsprechende Delikte und damit eine Steigerung von 112% - trotz der Führungsverbote. Eine bundesweite Statistik führt das Bundeskriminalamt (BKA) erst seit 2021 und dank einer Änderung der Erfassung entsprechender "Messerangriffe" ist nach zwei Berichtsjahren noch keine klare Tendenz erkennbar. Zusätzlich verwaschen werden die Daten wohl auch durch die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021, welche die Gelegenheiten, Straftaten zu begehen, deutlich eingeschränkt hatten.

Dennoch bestärkte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erst im Juni diesen Jahres ein generelles Verbot Messern in Bussen und Bahnen. Viele Städte führten zwischenzeitlich eigene Waffenverbotszonen ein, zuletzt unter anderem am Hamburger Hauptbahnhof (Knyfe berichtete) oder im Frankfurter Bahnhofsviertel. Und das trotz anhaltender Kritik, da solche Verbotszonen "ohnehin nicht zu kontrollieren wären. "Das ist anders als Taschenkontrollen bei Veranstaltungen personell nicht zu stemmen", sagte GdP-Landeschef Stephan Weh noch im März.

"Das kann die Bundespolizei momentan nur ansatzweise. Uns fehlen 3.500 Kolleginnen und Kollegen für die Sicherheit an den Bahnhöfen und in den Zügen." - Andreas Roßkopf, GdP

Im Übrigen ist die Deutsche Bahn entsprechenden Diskussionen schon lange voraus. In den Beförderungsbedingungen ist bereits seit Jahren ein Waffenverbot geregelt, welches Messer jede Größe mit einbezieht. Auch in vielen kommunalen Verkehrsverbunden finden sich solche Regelungen. Und auch wenn einem gesetzlichen Führungsverbot an Bahnhöfen sowie in Bussen und Bahnen eine gewisse Symbolkraft nicht abzusprechen ist, würden potenzielle Täter mit einem solchen Verbot wohl kaum erreicht werden.

"In der Forschung sehen wir, dass Messergewalt im Vergleich zu anderen Gewaltdelikten eher von Tätern in psychischen Ausnahmesituationen ausgeübt wird. Das sind Menschen, die sich akut in Krisensituationen befinden. Und die überlegen nicht, ob es verboten ist, ein Messer mitzunehmen. Die wägen nicht rational ab." - Elena Rausch, Kriminologische Zentralstelle Wiesbaden

Wirtschaftsverband fordert Neufassung des Waffenrechts

Für viele Messerliebhaber soll mit der bisherigen Herangehensweise nun Schluss sein. So fordert der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e.V. (VDB) in seiner neuesten Kampagne "Next Guneration - Operation Reset" eine vollständige Neufassung der Gesetzeslage. Neben vielen Forderungen, die sich auf Sport- und Jagdwaffen beziehen, soll auch das Führverbot für Einhandmesser aufgehoben werden.

In ihrem Positionspapier verweist der VDB unter anderem auf die Vorteile von Einhandmessern für körperlich beeinträchtigte Menschen im Alltag, die Entlastung der Justiz sowie ähnlichen Punkten der GdP von 2008, da Straftäter ohnehin gegen geltendes Recht verstoßen und sich nicht von einem Führverbot abhalten lassen würden. Gleichzeitig wird auf ein größeres Maß an Sicherheit für die Bevölkerung abgezielt.

"Wir unterstützen Regelungen, die es leichter machen, Kriminelle und Extremisten zu entwaffnen, wenn sie eindeutig identifiziert worden sind. Wir wollen ein Mehr an Sicherheit durch einen leichteren Vollzug, durch weniger gebundene Kapazitäten in der Justiz und durch direktere Maßnahmen in der Ahndung." - Michael Blendinger, ehrenamtlicher Präsident des VDB

Kritisiert wird außerdem die Intransparenz und Unverständlichkeit der aktuellen Regelungen, wodurch selbst Fachleute und Experten große Probleme hätten, diese korrekt auszulegen und anzuwenden. Durch die Freistellung vom Führen würden "gesetzestreue Bürger sowie die Vollzugsbehörden entlastet."

50.000 Anmeldungen bis zur E-Petition beim Bundestag

Doch von der tatsächlichen Umsetzung ihrer Forderung sind der VDB um Michael Blendinger noch weit weg. Zunächst müssen sich 50.000 Gleichgesinnte in den Kampagnen-Newsletter eintragen. Im Anschluss würde eine sogenannte E-Petition beim Bundestag angemeldet werden. Diese müsste ebenfalls von mindestens 50.000 Unterstützern "unterschrieben" werden, damit das Ersuchen in einer öffentlichen Ausschusssitzung angehört werden kann. Dies kann allerdings auch abgelehnt werden und alleine bis zur Veröffentlichung der Petition samt Abschluss der Überprüfung der entsprechenden Kriterien können bereits mehrere Monate vergehen.

Mit Stand Anfang November 2023 haben sich laut der Instagram-Seite des VDB einen Monat nach Kampagnenstart knapp 13.000 Menschen in den Newsletter eingetragen. Wöchentlich werden jeweils Dienstags und Freitags zwei weitere Forderungen enthüllt, zuletzt mit Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen von Nachtzieltechnik. Gleichzeitig schaltet der VdB in gängigen Branchen-Magazinen Werbung und veröffentlicht regelmäßig Social-Media-Posts, um noch mehr Mitstreiter für die "Next Guneration" zu finden.

Ein weiter Weg für Messer-Liebhaber

Es bleibt abzuwarten, ob die jüngsten Forderungen nach einer Anpassung des Waffengesetzes ausreichend Gehör finden werden. Fakt ist, dass die bisherigen Änderungen der Rechtstexte wenig bis keine Wirkung zeigen konnten und sich somit ein Richtungswechsel in der Strategie gegen Kriminalität und überlastete Justizen anbieten würde. Angesichts der Aussagen von Nancy Faeser sowie derzeitiger medialer Berichterstattung rund um entsprechende Delikte ist allerdings zu erwarten, dass Messerliebhaber und VDB-Vereinsmitglieder weiterhin immerhin eines mitführen dürfen: Geduld.