Craighill Sidewinder: Wow-Effekt
Das neue Craighill Sidewinder sorgt garantiert für Aufmerksamkeit. Foto: Craighill
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Craighill Sidewinder LPKST100 Taschenmesser grau 12C27 Edelstahl Linerlock Drop-Point Flipper
Auf Lager
179,99€Gesamtlänge |
16,6 cm |
---|---|
Klingenfarbe |
silber |
Serie |
Sidewinder |
Pocketclip |
Nein |
Einhandöffnung |
Ja |
Klingenausführung |
Plain edge |
Klingenform |
Drop-Point |
Klingenfinish |
stonewashed |
Grifflänge |
10,2 cm |
Herkunft |
China |
Farbe |
grau ,schwarz |
Klingenlänge |
6,4 cm |
Verschluss |
Linerlock |
Öffnung |
Manuell |
Öffnungshilfe |
Flipper |
Griffmaterial |
Edelstahl |
Klingenmaterial |
12C27 |
Artikeltyp |
Taschenmesser |
Gewicht |
190 g |
Designer |
Chen Chen ,Kai Williams |
Das Video startet mit einer Nahaufnahme auf schwarzem Hintergrund im Gegenlicht. Moderne, elektronische Musik ist zu hören. „Ich habe noch nie so einen Mechanismus gesehen“, sagt eine Stimme. „Wir entdecken Dinge selbst, und wenn wir etwas sehen, sagen wir: ‚Wow, das ist wirklich cool! Das ist es wert, allen anderen gezeigt zu werden.‘“
Alleine aufgrund dieses Skripts lässt sich nicht sagen, ob es sich hierbei um die Ankündigung des neuen iPhones oder eines Messers geht. Doch tatsächlich dreht sich das Video mit dem Titel „Meet the Sidewinder Knife“ um letzteres. Die Stimme entpuppt sich als Chen Chen, der wiederum einer der Designer des Sidewinder ist.
„Vielleicht ist dies das erste Mal, dass jemand anhält und nachschaut, wie sich ein Messer öffnet.“ Diese Frage, die Chen im Vorstellungsvideo in den Raum stellt, ist natürlich eine Ansage, eine kleine Provokation, wenn man möchte. Nicht etwa an die Kunden, sondern an alle anderen Messerhersteller.
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Viele Menschen, vermutlich der Großteil der Bevölkerung, würde auf die Frage, ob sie ein Taschenmesser kaufen und dabeihaben wollen würden, vermutlich mit Nein antworten. Die Gründe sind sicher vielfältig, manch einer fürchtet sich aufgrund der politischen Entscheidungen der vergangenen Monate vielleicht vor Messern und möchte auf keinen Fall schief angeschaut werden, wenn man in der Öffentlichkeit mal kurz ein Messer zum Schneiden aus der Tasche zieht.
Und genau hier kommt das Sidewinder ins Spiel. Denn wer auf der Suche nach einem massiven Arbeitsmesser mit großer Klinge ist, der wird hier nicht fündig. Stattdessen setzt man in New York auf simple, moderne und vor allem normal aussehende Taschenmesser. Sowohl das Lark als auch das etwas größere Rook-Modell, welches optisch an das CIVIVI Elementum erinnert, verschrecken beim Anblick sicher niemanden.
Mit dem neuen Sidewinder möchte man einen Schritt weitergehen: Die Menschen dazu bringen, aus Neugier anzuhalten und auszuprobieren. Denn es gibt einen Grund, warum Chen Chen im Vorstellungsvideo zum Sidewinder die obengenannte Frage erwähnt. Das Messer hat eine Besonderheit: Seinen Verschluss.
Die Griffschalen des Sidewinder sind zweigeteilt, wobei beide Teile auseinandergezogen werden können. Ihre besondere Form ist den Spuren der namengebenden Schlangen (Seitenwinder) nachempfunden, die sie im Sand hinterlassen. Beim Öffnen gleitet der eine Teil der Griffschalen über den anderen und zieht gleichzeitig die Klinge heraus.
Dass sich beim Öffnen eines Klappmessers mehr bewegen kann, als nur die Klinge, ist dabei natürlich nichts Neues. Das CRKT Provoke ist sicher eines der prominentesten Beispiele der letzten Jahre für einen solchen Mechanismus. Aber das Sidewinder zielt im Gegensatz zu anderen Messern in erster Linie nicht darauf ab, auch wirklich mit ihnen arbeiten zu können. Es ist eben ein Designer-Stück, was gut aussehen, aber nicht unbedingt für alles geeignet sein muss.
Das merkt man bei der Bedienung auch recht schnell an den Griffschalen, die aufgrund ihrer Bauweise ein merkliches Spiel aufweisen. Auch die Kraft die es braucht, um das Messer zu öffnen, ist für den ein oder anderen Nutzer sicher auffallend.
„Oh mein Gott. Das ist Wahnsinn. Das ist das coolste Messer, das ich je gesehen habe“, sagt Ellen Van Dusen, Gründerin der Textilmarke Dusen Dusen, nach dem ersten in-die-Hand-nehmen im Video. Sie steht exemplarisch für all die Menschen, die sich in ihrem Alltag maximal beim Zubereiten von Essen mit Messern beschäftigen und zu dem oben erwähnten Teil der Gesellschaft gehören, die eigentlich keinen Bedarf an einem Taschenmesser haben. „Ich bin eigentlich kein Messertyp, wisst ihr. Aber wie habt ihr das gemacht?“ Es wird klar: Der Plan funktioniert.
„Ich würde mich nicht als Messermensch bezeichnen. Meine Eltern sind Architekten, und so bin ich mit vielen manuellen Zeichenwerkzeugen aufgewachsen“, erklärt Kai Williams, der zweite Hauptdesigner des Sidewinder. „Eines der Werkzeuge, mit denen ich immer gespielt habe, war ein Lineal, mit dem man Parallelen ziehen oder Linien verlängern kann. Was ich als Kind immer geliebt habe, ist das wechselnde Zusammenspiel der Verbindungen“, erklärt er, während er ein solches Parallellineal in die Kamera zeigt.
Solch ein Parallellineal besteht aus zwei Einzellinealen, die mit drehbaren Schienen so verbunden sind, dass ein Parallelogramm entsteht. „Ich glaube, ich habe dieses Ding schon als Kind benutzt und mir ein Schwert daraus vorgestellt. Ich glaube, das ist, was Kinder - manche Kinder – tun. Das ist vielleicht die Geschichte unseres Studios.“
Chen Chen und Kai Williams sind Designer von allen möglichen Dingen. Auf ihrem Instagram-Account @chenandkai finden sich Spiegel, Tische, Lampen und Wanduhren die in ihrer Form sicherlich in keinem Möbelhaus zu finden sind. Die beiden lernten sich in den frühen 2000er-Jahren kennen, als sie am Pratt Institut in New York Industriedesign studierten. 2011 gründeten sie schließlich ihr gemeinsames Designstudio. Ihre Kreationen wurden bereits im Museum of Art & Design, auf den Design Days of Dubai, den DDays Paris und auf der Venice Architecture Biennale ausgestellt.
Die ersten Prototypen ihres Sidewinder-Messers sahen zwar bereits so aus wie das finale Modell, hatten aber ein Problem mit dem Verschluss. „Die Präzision von Craighill ist der Grund dafür, dass ich sie fragen wollte, wie wir das schaffen können“, verrät Chen. „Ich glaube, es war um ein Vielfaches höher als unser Präzisionsniveau“, ergänzt Williams.
Bei einem Abendessen mit Zach Fried, dem Mitgründer von Craighill, präsentierte Chen seinen Prototypen. „Ich habe es mitgebracht und dachte, ich könnte Zach oder Hunter nach ihrem Fachwissen fragen, wie wir dieses Ding herstellen können“, erklärt er. „Mitten beim Essen greift Chen über den Tisch und sagt: ‚Hey Zach, sieh dir das an.‘ Ich mache es auf, und da ist diese Bewegung, die unglaublich überraschend ist. Sie macht etwas, das ich noch nie zuvor gesehen habe“, berichtet Fried. „Es fühlte sich an, als würde ich eine Erfindung sehen. Ich nahm den Prototyp aus dem Restaurant mit, brachte es am nächsten Tag ins Büro und sagte zu Hunter: ‚Das musst du dir ansehen.‘“
Hunter Craighill gründete das New Yorker Unternehmen 2015 als „Design- und Produktionsmarke“, wie es auf der firmeneigenen Website heißt. Deren Wurzeln lägen in „Neugier, Einfallsreichtum und Zufriedenheit“, man wisse, „dass die Welt bereits zu viel ‚Zeug‘ hat und dass man nicht noch ein weiteres glänzendes Objekt braucht.“ Deshalb entwerfe man ebenso funktionale wie auch zeitlose Produkte. „Man könnte sagen, dass wir wirklich hart daran arbeiten, dass alles so einfach aussieht und sich so einfach anfühlt, aber dieser super-iterative, detailversessene Ansatz bei Design und Herstellung ist nur ein Teil der Geschichte.“
Wer im Sortiment von Craighill stöbert, findet eigentlich alles, was das Designherz begehrt. Neben eleganten Cocktail-Sets, Kopfhörerhaltern und goldenen Tabletts sind auch Sanduhren und Geldklammern zu finden. Eben alles, was man in einem ordentlich eingerichteten Loft so finden würde. Manch einer nennt so etwas Schickimicki, andere Designer-Objekt.
Und natürlich kann man sich streiten, ob man denn nun wirklich einen Kleiderhaken für 48 US-Dollar pro Stück oder eine extravagante Standlupe für knapp 250 US-Dollar braucht. Das ist klar Spielerei für die, die es sich leisten können – und wollen. Doch die Messer von Craighill sind anders.
Da wäre unter anderem das Lark. Ein im geöffneten Zustand gerade einmal knapp 11 Zentimeter großes Taschenmesser mit einer 3,8 Zentimeter langen Klinge. Daumenpin, Flipper und Framelock sind allesamt so klein, dass sie mit einer Hand oder einem Finger kaum zu bedienen sind. Das Messer ist aufgrund seiner Größe maximal als Paketöffner zu gebrauchen, und erfreut sich dennoch großer Beliebtheit.
Erhältlich in vier verschiedenen Farbvarianten und ausgestattet mit 12C27-Stahl zu einem Preis ab 79,99 Euro ist es sicherlich kein Preis-Leistungswunder, aber ein Messer für all diejenigen, die eigentlich kein Messer wollen.
„Wir sind immer wieder auf Hindernisse gestoßen, weil wir dachten, wir hätten das Problem gelöst, aber es war noch nicht gelöst“, erklärt Fried. Zusammen mit Craighill fand man nach mehreren Jahren Entwicklungszeit schließlich die Lösung für ihre Konstruktionsfehler und brachte das Sidewinder auf den Markt.
Wichtig war den Designern, ein Messer zu kreieren, was auffällt: Es gäbe „heutzutage nicht mehr viele Produkte, die man einfach so entdecken kann, wenn man ihnen begegnet“, kritisiert Chen. „Sie haben ein Bild davon gesehen, Sie haben ein Video davon gesehen und Sie haben bereits eine Vorstellung davon, wie es sein wird.“ Das sei beim Sidewinder anders. „Ich habe mir dieses Messer immer als ein Messer für Leute vorgestellt, die normalerweise kein Messer tragen“, bestätigt Williams. „Es ist ein freundlicheres Messer.“
Sollte man mit dem Sidewinder sein Benchmade Bugout oder Spyderco Paramilitary ersetzen? Nein, vermutlich nicht. Ist es aber ein außergewöhnliches Messer, was sowohl bei anderen Liebhabern als auch bei Menschen außerhalb der Messerszene sofort für Gesprächsstoff sorgen wird? Definitiv.